Die Öffnung der Höhle: Pierre Michon

Kai Nonnenmacher, „Die Öffnung der Höhle: Pierre Michon“, Rentrée littéraire: französische Literatur der Gegenwart, 31. März 2023. Nach einem Vierteljahrhundert veröffentlicht Pierre Michon auf Basis des viel gelobten Textes „La Grande Beune“ 2023 nun ein Diptychon, den Roman „Les deux Beune“, mit einem zweiten Teil des obsessiven Begehrens eines jungen Lehrers in einer Welt vorzeitlicher … Weiterlesen …

Nebel in den Romanen von Éric Chevillard

Kai Nonnenmacher, „Die Nebelkammern des Éric Chevillard“, Rentrée littéraire: französische Literatur der Gegenwart, 9. März 2023. La chambre à brouillard reiht sich also einerseits ein in ein unbestimmt-vieldeutiges Bild des Nebels, folgt dabei aber keiner naturwissenschaftlich inspirierten Methode der Beobachtung von Wirklichkeit und des Nachweises von nicht unmittelbar einsichtigen Vorgängen. Die Nebelkammer ist Metapher des literarischen … Weiterlesen …

Familienepos in acht Zeugungsakten: Laurent Quintreau

Kai Nonnenmacher, „Familienepos in acht Zeugungsakten: Laurent Quintreau“, in Rentrée littéraire: französische Literatur der Gegenwart, 22. Februar 2023, http://rentree.de/2023/02/22/familienepos-in-acht-zeugungsakten-laurent-quintreau/ Auszug: Laurent Quintreaus Ève et Adam (Paris: Rivages, 2023, 528 Seiten) will den Zusammenprall dieser Prinzipien erzählen, Familienhistorie wird hier eine kontingente Vereinigung von Sexualpartnern, erzählt über mehrere Generationen hinweg von 1852 bis in die Zukunft, das Jahr … Weiterlesen …

Vél d’hiv als Kinderantlitz: Cloé Korman

Kai Nonnenmacher: „Vél d’hiv als Kinderantlitz: Cloé Korman“, Rentrée littéraire: Französische Literatur der Gegenwart, 30. Oktober 2022. Laurent Joly hat über die Razzien des Wintervelodroms – die französische Massenfestnahme von Juden und ihre Deportation in die deutschen Vernichtungslager Osteuropas – kürzlich eine umfassende Darstellung publiziert, lange war die Gedenktafel vor Ort an die französische Kollaboration bei … Weiterlesen …

Perlmutt und Bataille: Yannick Haenel

Mit Le Trésorier-payeur legt Yannick Haenel 2022, fünf Jahre nach Tiens ferme ta couronne, einen neuen Roman vor, dessen Idee nach eigener Aussage entstand, als er selbst in eine Filiale der Banque de France eingeladen wurde, die nun ein Kunstzentrum ist, für eine Ausstellung mit Bezügen zu Georges Bataille; er entscheidet hier, einen namensgleichen Bankier zum Protagonisten zu machen, der im Sinne Pessoas das Wirtschaftssystem von innen heraus verstehen will, um es zu kritisieren.

Action directe im Roman

Kai Nonnenmacher, „Action directe im Roman: Vanessa Schneider und Monica Sabolo“, Rentrée littéraire: Französische Literatur der Gegenwart, 11. September 2022. Mit Joëlle Aubron (1959–2006) in Vanessa Schneiders La fille de Deauville (Grasset) und mit Nathalie Ménigon (geb. 1957) in Monica Sabolos La vie clandestine (Gallimard) werden zwei Mitglieder der linksradikalen Action directe 2022 zu Romanfiguren. Aubron und Ménigon wurden … Weiterlesen …

Poesie der Körpertechniken: Aby Warburg tanzt

Kai Nonnenmacher, „Poesie der Körpertechniken: Aby Warburg tanzt“, über Marie de Quatrebarbes, Voguer (2019) und Aby (2022), in Rentrée littéraire: französische Literatur der Gegenwart, 31. März 2022, http://rentree.de/2022/03/31/poesie-der-koerpertechniken-aby-warburg-tanzt. Die beiden Bücher Voguer (2019) und Aby (2022) von Marie de Quatrebarbes lesen den Tanz der Körper poetisch, und in der Tradition von Theorie-Romanen, die ein Leben und ein Werk zusammendenken – wie etwa … Weiterlesen …

Poetik der Schlaflosigkeit bei Marie Darrieussecq

Kai Nonnenmacher (Bamberg): ›Comme si écrire c’était ne pas dormir‹: zur Poetik der Schlaflosigkeit bei Marie Darrieussecq Beitrag zur Tagung vom 16. bis 18. November 2022 an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Institut für Germanistik / Neuere deutsche Literaturwissenschaft), organisiert von Denise Dumschat-Rehfeldt, Julia Ingold, Simone Ketterl, Jonas Meurer, Magdalena Sperber, Antonia Villinger und Anna Lena Westphal … Weiterlesen …

Europa als Schicksalsgemeinschaft? Zur Anthologie von Olivier Guez

Kai Nonnenmacher, „Europa als Schicksalsgemeinschaft? Zur Anthologie von Olivier Guez“, Rentrée littéraire: französische Literatur der Gegenwart, 5. März 2022. Aus der Besprechung „Die Sammlung Le grand tour ist im März 2022 bei Erscheinen selbst schon historisch geworden angesichts einer für viele überraschenden Zeitenwende Europas [der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine] wie in den 90er Jahren, als Robert … Weiterlesen …

Rentrée littéraire: Blog zur französischen Literatur der Gegenwart

rentree.de: Was wird gegenwärtig wirklich in Frankreich gelesen? Der französische Bücherherbst („la rentrée littéraire“) wird in diesem romanistischen Blog zeitnah einer kritischen Lektüre unterzogen. Inzwischen findet er übrigens nicht mehr nur im Herbst statt, es gibt z.B. auch eine rentrée d’hiver. In der Regel geht es dabei um noch nicht übersetzte Originaltexte. Ein Schwerpunkt liegt deshalb … Weiterlesen …

Politische Zeitkritik im französischen Gegenwartsroman: Strategien von Literarizität heute

Vortrag bei der Ringvorlesung Romanistik, politisch? Romanistische Perspektiven auf politische Fragen Institut für Romanistik der Universität Rostock, org. von Dr. Julia Dettke und Joris Lehnert Politische Zeitkritik im französischen Gegenwartsroman: Strategien von Literarizität heute Mittwoch, 29. Juni 2021

‚Comme si écrire c’était ne pas dormir‘: zur Poetik der Schlaflosigkeit bei Marie Darrieussecq

Beitrag zur Tagung

Literatur am Ende – Putting *Schöpfung* in *Erschöpfung*

Tagung vom 16. bis 18. November 2022 an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Institut für Germanistik / Neuere deutsche Literaturwissenschaft)

Exposee zur Tagung

Überall zeigen sich Erschöpfungserscheinungen: In weniger lebenswichtigen Bereichen wie dem Literaturbetrieb wird das Papier knapp, in lebensnotwendigen Bereichen wie dem Gesundheitssystem verzehrt die Pandemie das Pflegepersonal. Es mag an dem Blick der erschöpften Individuen zu pandemischen Zeiten liegen, dass sich überall das Ende anzukündigen scheint. Viele fühlen sich erinnert an décadence und ennui der vorletzten Jahrhundertwende, andere an mementomori und vanitas im Barock.

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Modes d’autorisation du récit contemporain, Fixxion no. 25

Themenheftherausgabe:

Modes d’autorisation du récit contemporain

Coordonné par Jonas Hock, Estelle Mouton-Rovira et Kai Nonnenmacher

Depuis maintenant près d’un demi-siècle, le récit s’est développé entre mise à distance des formalismes, inscription dans une mémoire longue de la littérature et maintien d’un souci réflexif. Comment la manière dont le récit contemporain fait autorité s’est-elle déplacée ou reconfigurée dans la littérature des deux premières décennies du XXIe siècle ? Comment revendique-t-il aujourd’hui sa légitimité ? Nous nous proposons d’étudier les modes d’autorisation internes au récit ; c’est-à-dire ce qui, dans les textes, contribue à construire ou à exprimer leur autorité, in statu nascendi, en lien avec leur présent.

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Bücher der Rentrée littéraire (hiver 2020)

Seminar im Wintersemester 2020/21 an der Universität Bamberg Lektüren Emmanuel Carrère, Yoga Boris Bergmann, Les Corps insurgés Eric Reinhardt, Comédies françaises Mathias Enard, Le Banquet annuel de la Confrérie des fossoyeurs Jean-Philippe Toussaint, Les émotions Sarah Chiche, Saturne Côme Martin-Karl, La réaction Serge Joncour, Nature humaine Pierre Ducrozet, Le Grand Vertige Christine de Mazières, La … Weiterlesen …

Vorlesung online: Nationalsozialismus im französischen Gegenwartsroman

Zur Vorlesungsreihe des Frankreichzentrums der FU Berlin „L’Actualité du nazisme“ sind nun die Vorträge online, darunter auch mein Beitrag zum Thema   „Habiter des nuages dans le ciel d’Auschwitz“: Nationalsozialismus im französischen Gegenwartsroman“ https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/frankreichzentrum/Aufzeichnungen/04-Nonnenmacher-am-13-11-2019/index.html   Vielen Dank an das Frankreichzentrum, vor allem die Berliner Kollegen Ulrike Schneider und Uwe Puschner für Einladung, die Video-Aufzeichnung und … Weiterlesen …

Wahl ins Comité scientifique von FIXXION

Vom Herausgeber Pierre Schoentjes (Universiteit Gent) und dem Comité scientifique der internationalen Zeitschrift  für französische Gegenwartsliteratur Fixxion wurde ich als Nachfolger von Wolfgang Asholt (Berlin/Osnabrück) mit der Januarsitzung 2020 in das Comité scientifique aufgenommen, um die Verbindung zur deutschen Romanistik weiterzuführen, für die Wolfgang Asholt seit Jahren wie kaum ein Vertreter des Faches steht, insofern kann ich nur hoffen, diesem Vorbild mit den Vorschusslorbeeren künftig gerecht werden zu können.

Herzlichen Dank für das in mich gesetzte Vertrauen!

Revue critique de fixxion française contemporaine

Comité scientifique

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Die neuen Kriege im europäischen Gegenwartsroman


Herfried Münkler skizziert bereits in seinem Buch Die neuen Kriege (2002), wie unscharf der Versuch bleiben muss, sie von National-, Welt- oder Kolonialkriegen zu trennen, die Gewalt ist in den neuen Kriegen willkürlich, privatisiert und kommerzialisiert geworden und richtet sich häufig asymmetrisch gegen die Zivilbevölkerung, ähnlich schwierig ist es festzustellen, wann sie überhaupt beendet sind (vgl. BPB). Mit der Verabschiedung der klassischen Staatskriege sind neue Akteure, räumlich-zeitliche Dramaturgien, aber auch neue Narrationen entstanden, und die vorliegende Ausschreibung geht von der These aus, dass die europäische Erzählliteratur der Gegenwart hierauf reagiert und die Kriege als Schauplatz, Medieninszenierung oder beiläufigen Hintergrund, mit einem je wechselnden Verhältnis von ästhetischem und politischem Interesse, ggf. auch nur als traumatisierenden Vorlauf ihrer Figuren nimmt. Nicht unbedingt im Fokus der Ausschreibung stehen Filme oder journalistische Texte zu den neuen Kriegen. In Einzelfällen sind auch transatlantische Erzähltexte (z.B. Kanada, USA) zur Untersuchung möglich, komparatistische Zugänge sind willkommen.

Kriege und Krisengebiete interessieren die Erzähler auch als Gegenstand einer sich auf Recherche stützenden, ihren Realismus betonenden Literatur. Beispiele sind: Ost-Ukraine, Syrien, Nigeria, ‚Islamischer Staat‘, aber auch der Afghanistankrieg, der eine eigene Gattung hervorgebracht hat, den Afghanistanroman – der Terminus ist 2011 in der deutschen Presse zunächst für Kurbjuweits Kriegsbraut in Gebrauch gekommen (J. Encke in F.A.Z., 13.3.2011) und wird seither auch für andere Romane der Thematik benutzt. So betont Jauer, Jonathan Littells Roman über den Holocaust sei in nuce ein Roman über alle Kriege der Gegenwart, wie eben Afghanistan. Die neuen Kriege sind aus romanistischer, germanistischer bzw. komparatistischer Perspektive je in Kontexte nationalpolitischer Debatten zu stellen. Mit dem Afghanistankrieg bspw. beginnt in deutscher Perspektive zwischen 2001 und 2014 eine neue Form außenpolitischen Engagements der Kriegsbeteiligung der Bundeswehr. Insofern ist auch die kontrastive Sicht auf die historischen Unterschiede der Kriege bzw. auf verschiedene nationale Perspektiven bei der Bewertung dieser Kriege hinzuweisen. Exemplarisch für relevante Texte werden Afghanistanromane unten aufgelistet.

Mögliche Aspekte sind etwa:

– (De-)Konstruktion der Spezifizität ‚neuer‘ Kriege;
– Medien- und Gewaltdarstellung;
– Terrorismus und politische Aussagen;
– Männlichkeit und Heroismus;
– Verbindung einer Poetik des Realismus mit Krieg und Krisengebiet;
– Kriegsschauplätze (z.B. Afghanistan) als Exempel von Reiseliteratur und ethnologischer Beobachtung bzw. Naturbilder;
– Migration;
– nationales Erinnern im Vergleich zu je anderen Kriegsromanen;
– Erinnerung und Trauma der Kriegsheimkehrer etc.

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